Mittwoch, 7. Februar 2024

EU-Kommission stoppt Gesetz für Pestizidverringerung

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will angesichts vehementer Proteste von Bauern in der EU einen Vorschlag für ein Umweltschutzgesetz gegen hohen Pestizideinsatz zurückziehen.

Ein Bauer spritzt Pestizide. - Foto: © APA (dpa) / DPA/PATRICK PLEUL

Das Thema sei allerdings nicht vom Tisch, kündigte von der Leyen gestern im Europaparlament an. Im Austausch mit Betroffenen wie Landwirten oder Umweltorganisationen könnte die Kommission einen neuen Vorschlag vorlegen.

Von der Leyen geht damit rund 4 Monate vor der Europawahl einen weiteren Schritt auf Bauern zu, die sich durch EU-Umweltauflagen unverhältnismäßig unter Druck gesetzt fühlen. Seit einigen Wochen demonstrierten Landwirte in verschiedenen europäischen Ländern – teils gewaltsam – u.a. gegen EU-Regeln.

Vorschlag im EU-Parlament abgelehnt

Eigentlich sollten Landwirte den Einsatz von Pestiziden in den kommenden Jahren deutlich einschränken. Konkret sollten laut Kommissionsvorschlag insgesamt 50 Prozent weniger Pestizide bis 2030 eingesetzt werden. Damit sollte u.a. gegen das Artensterben vorgegangen werden. Im EU-Parlament wurde der Vorschlag abgelehnt. Auch unter den EU-Staaten gibt es Debatten.

Von der Leyen bezeichnete es als legitimes Ziel, die Risiken durch chemische Pflanzenschutzmittel zu verringern. Der Vorschlag habe aber polarisiert. Sie werde ihren Kollegen in der Kommission daher vorschlagen, ihn zurückzuziehen. Wann ein neuer Vorschlag kommen könnte, ist unklar.

Meloni: „Italienischer Sieg“

Premierministerin Giorgia Meloni betrachtet die Ankündigung der EU-Kommission auch als „italienischen Sieg. (…) Seit ihrem Amtsantritt arbeitet die italienische Regierung in Europa mit großer Konkretheit und gesundem Menschenverstand daran, einen anderen Weg als den bisher eingeschlagenen zu beschreiten und landwirtschaftliche Produktion, Respekt für die Arbeit in den Feldern und ökologische Nachhaltigkeit zu verbinden. Wir werden diesen Weg fortsetzen“, sagte Meloni.

Anders sieht die Lage der Chef der oppositionellen Linkspartei „Alleanza Verdi e Sinistra“, Angelo Bonelli. „Der Rückzieher von Ursula von der Leyen hat nichts mit der Verteidigung des Agrarsektors zu tun, sondern mit der Verteidigung der Lobbys der chemischen Industrie. Wir sprechen hier von einem Land wie Italien, das weltweit der sechstgrößte Anwender von Pestiziden ist. Wir fordern, dass die Lebensmittelsicherheit, d.h. der Schutz der Bürger, stets gewährleistet wird, damit sie weniger Chemikalien auf ihren Tellern konsumieren und folglich ihre Gesundheit viel besser schützen können“, so Bonelli.

Rückschlag für Wasserversorger

Kritik an der Ankündigung von der Leyens kommt auch vom deutschen Interessenverband kommunaler Unternehmen. „Für die kommunalen Wasserversorger ist das angekündigte Scheitern der geplanten EU-Verordnung ein herber Rückschlag“, sagte ein Sprecher. Die EU habe damit auf längere Zeit eine Chance vertan, Ressourcen für die Trinkwassergewinnung besser zu schützen. Auch Vertreter der Organisation Foodwatch und den Grünen kritisierten die Ankündigung.

dpa

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