Die regierenden Taliban sagten, in der Provinz seien 131 Menschen gestorben, viele weitere würden vermisst. Am Freitag war noch die Rede von 62 Toten gewesen. Die hohe Zahl der Todesopfer erkläre sich unter anderem dadurch, dass die Menschen nah am Wasser lebten, sagte ein UN-Vertreter.
Das Verteidigungsministerium schickte laut eigenen Angaben Rettungskräfte in die betroffenen Gebiete. Das Militär wurde demnach angewiesen „für die Opfer dieses Unglücks jede Art von Hilfe mit allen verfügbaren Ressourcen“ zur Verfügung zu stellen. „Mit der Ausrufung des Notstandes in den betreffenden Gebieten hat das Verteidigungsministerium mit der Verteilung von Lebensmitteln, Medizin und erster Hilfe begonnen“, hieß es.
Weil sich das Wetter am Samstag besserte, wurde mit Evakuierungen begonnen, wie die Luftwaffe erklärte. Hunderte Verletzte seien in Krankenhäuser gebracht worden.
„Mein gesamtes Leben wurde von der Flut davongespült“
Aufnahmen in Onlinediensten zeigten breite Ströme schlammigen Wassers, die Straßen überschwemmten. Überlebende kämpften sich durch mit Trümmern bedeckte Straßen, wie eine Journalistin der Nachrichtenagentur AFP berichtete. „Mein Haus und mein gesamtes Leben wurden von der Flut weggespült“, sagte Jan Mohammad Din Mommahad, Bewohner von Baghlans Provinzhauptstadt Pol-e-Khomri. „Ich weiß nicht, wo ich meine Familie hinbringen soll. Ich weiß nicht, was ich tun soll“, fügte er hinzu.Der Katastrophenschutz in der Provinz Baghlan hatte am Freitag erklärt, unter den Toten seien vor allem Frauen und Kinder. Vielerorts hätten die Überschwemmungen die Menschen unvorbereitet getroffen
Die Regenfälle von Freitag sorgten laut offiziellen Angaben auch in weiteren Provinzen für schwere Schäden. Betroffen sind neben Baghlan demnach Tachar und Badachshan im Osten sowie Ghor und Herat im Westen.
Afghanistan ist besonders stark vom Klimawandel betroffen
Durch die Regenfälle wurden große Teile des Ackerlands des Landes vorübergehend unbrauchbar. 80 Prozent der 4 Millionen Einwohner Afghanistans sind von der Landwirtschaft abhängig. Bei vorherigen Überschwemmungen waren seit Mitte April in 10 afghanischen Provinzen etwa 100 Menschen ums Leben gekommen.Das Land ist besonders stark vom Klimawandel betroffenen. Aufgrund des trockenen Winters kann der Boden Niederschläge schlechter aufnehmen. Die Fluten seien „eine deutliche Erinnerung“ daran, wie sehr Afghanistan dem Klimawandel ausgesetzt sei, schrieb der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte, Richard Bennett, im Onlinedienst X. „Es braucht sofortige und langfristige Planungen durch die Taliban und internationale Akteure“, forderte er.
Die radikalislamischen Taliban hatten nach dem Abzug internationaler Truppen im Sommer 2021 wieder die Macht in Afghanistan übernommen. Viele Staaten und Hilfsorganisation haben seitdem ihre Hilfen für das verarmte Land zurückgefahren. Nach Naturkatastrophen sind die Menschen oft auf sich allein gestellt.