Donnerstag, 8. Februar 2024

„Nicht nur den Holzbau fördern“

Wenn es um nachhaltiges Bauen geht, ist vielfach Holz die erste Wahl. Dabei wird außer Acht gelassen, dass auch die Massivbauweise in Sachen Klimafreundlichkeit einiges aufzuweisen hat, wie man in der heimischen Bauwirtschaft betont. Das sollte das Land auch bei seinen Förderungen berücksichtigen und nicht nur den Holzbau unterstützen, sagt Christian Grünfelder, Vizepräsident des Baukollegiums.

Christian Grünfelder, Vizepräsident des Baukollegiums: „Massivbau heute schon vielfach ressourceneffizient, regional und kreislaufgerecht.“ ROTWILD - Foto: © ROTWILD


STOL: Herr Grünfelder, mehrere Vereinigungen aus der Bauwirtschaft haben die Initiative „Massiv gut“ gestartet, um auf die positiven Aspekte der Massivbauweise hinzuweisen. Hat der Massivbau, also das Bauen mit Mauerwerk und Beton, ein schlechtes Image oder weshalb braucht es eine eigene Initiative dafür?
Christian Grünfelder: Ja, leider hat die Massivbauweise ein zu Unrecht schlechtes Image bzw. das Bauen im Allgemeinen wird von der Bevölkerung nicht besonders positiv wahrgenommen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass der Massivbau heute schon klimafreundlich ist.

STOL: Inwiefern? Beton und Ziegel sind ja kein nachwachsender Rohstoff wie Holz…
Grünfelder: Es stimmt zwar: Beton ist nicht nachwachsend, aber er hat 2 entscheidende Vorteile: die Recyclefähigkeit und die Regionalität. Er kann also immer wiederverwertet werden. Zudem ist Kies, also Schotter, ein lokaler Rohstoff, der lokal abgebaut und lokal zu Beton veredelt wurde; er hat also einen kurzen Transportweg und damit einen niederen CO2-Fußabdruck. Ein weiterer Vorteil liegt in seiner Langlebigkeit. Dazu kommt, dass beim Massivbau der Weg in eine klimaneutrale Zukunft schon vorgezeichnet ist. Denn gemäß den Vorgaben der EU muss die Zementherstellung bis 2040 CO2-neutral sein. Das heißt, in Zukunft wird der Massivbau am wenigsten Kohlendioxid produzieren, weil das Hauptmaterial, der Zement, der 90 Prozent des Betons ausmacht, morgen einen CO2-Ausstoß von Null hat.

Unser Anliegen ist daher, dass beispielsweise nicht eine Bauweise alleine gefördert wird, sondern es sollte darum gehen, dass möglichst umweltverträglich gebaut wird, unabhängig davon, welches Material zum Einsatz kommt.
Christian Grünfelder, Vizepräsident des Baukollegiums



STOL: Stichwort Recyclefähigkeit: Die Initiative betont, dass Baurestmassen heute schon zu fast 100 Prozent wiederverwendet werden können. Aber Sie sehen auch noch Verbesserungsmöglichkeiten…
Grünfelder: Der Vorteil der Massivbauweise ist, dass wir als einzige den Kreislauf komplett schließen können. Ziegel und vor allem Beton können und werden heute schon wiederverwertet: Abfall wird zu einem Recycling-Produkt veredelt und wieder in den Kreislauf zurückgeführt. Wie der Anteil der Wiederverwertung noch weiter erhöht werden kann, das untersucht derzeit eine Forschungsinitiative mit dem Amt für Geologie und Baustoffprüfung. Dabei geht es vor allem um den Bauschutt, der unser größter Abfall ist. Ziel ist es, ihn professionell aufzubereiten und zu veredeln, um ihn morgen zu einem gewissen Prozentsatz wieder in Beton einzubauen. Besser werden müssen wir auch noch im Bereich des Klimahaus.

STOL: Wo sehen Sie beim Klimahaus Verbesserungspotenzial?
Grünfelder: Dort ist es wichtig, dass wir beispielsweise beim Bau selbst oder bei den Hinterfüllungen vermehrt Recyclingprodukte verwenden und dafür auch Bonuspunkte vergeben – Stichwort „KlimaHaus Nature“ („KlimaHaus Nature“ zertifiziert ein Gebäude nicht nur nach seiner Energieeffizienz, sondern auch hinsichtlich der Auswirkungen auf die Umwelt, die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Bewohner, Anm.d.Red.). Des Weiteren ist es wichtig, dass wir versuchen, nicht zu viele verschiedene Baustoffe zu verwenden, wie beispielsweise Dämmungen, weil diese vielfach nicht wiederverwertet werden können.

Neue Initiative: „Ein starkes Signal“

Die Betonvereinigung Concrete, das Baukollegium, das Konsortium Bau.recycle und die Baugruppe des Wirtschaftsverbandes für Handwerk und Dienstleister (lvh) haben gemeinsam die Initiative „ <a href="www.massivgut.com" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Massiv gut</a>“ gestartet.

Christian Grünfelder bezeichnet die Initiative als „ein starkes Signal des Bausektors“.

Ziel ist es, die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren, was heute schon an nachhaltiger und CO2-sparender Bauweise im Massivbau möglich ist und was alles getan wird, um den Weg in Richtung Klimaneutralität zu schaffen.




STOL: Hat die Initiative „Massiv gut“ auch damit zu tun, dass das Land auf die Holzbauweise setzt? Zum Beispiel gibt es Beiträge, wenn öffentliche Gebäude in Holz- und Holzmischbauweise errichtet werden.
Grünfelder: Es geht nicht darum aufzuzeigen, ob eine Bauweise besser ist als die andere. Jeder Bauherr soll selbst frei entscheiden, wie er bauen möchte. Es ist uns aber wichtig, dass möglichste viele Informationen zur Entscheidungsfindung vorliegen. Allerdings ist es nicht unbedingt korrekt, wenn man nur Holzbauten fördert. Eigentlich müsste man sagen, man unterstützt klimaneutrales oder nachhaltiges Bauen. Unser Anliegen ist daher, dass beispielsweise nicht eine Bauweise alleine gefördert wird, sondern die Nachhaltigkeit und CO2-Einsparung in den Mittelpunkt gestellt wird. Es sollte darum gehen, dass möglichst umweltverträglich gebaut wird, unabhängig davon, welches Material zum Einsatz kommt. Dies geht – und das wollen wir mit dieser Initiative aufzeigen – auch mit der Massivbauweise.







gam

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