Nun, einige Monate nach dem Start der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung, wurde auf der Aktionsbühne des Südtiroler Bauernbundes auf der Agrialp diskutiert, ob das Gesetz ein Meilenstein oder eher ein Alibigesetz ist.
Florian Patauner sieht das neue Gesetz positiv. „Wir bemühen uns schon seit Jahren darum, mit Südtiroler Produkten zu kochen und den Gästen auch zu vermitteln, dass es nicht immer alles gibt.“ Die Zusammenarbeit mit den Bäuerinnen und Bauern vor Ort funktioniere sehr gut. „Natürlich müssen wir uns gut absprechen, um jene Produkte zu bekommen, die wir brauchen. Das ist aber alles machbar.“
Als wichtigen Anstoß, um etwas zu verändern, sieht Siegfried Rinner, der Direktor des Südtiroler Bauernbundes, das neue Gesetz. „Wir brauchen ein Umdenken bei den Gastronomen, besonders aber bei der Bevölkerung. Wenn Kundinnen und Kunden in den Restaurants, Mensen oder Schankbetrieben nachfragen, woher die Produkte kommen, und klar sagen, dass sie einheimische Lebensmittel wünschen, dann wird auch die Gastronomie mehr auf Südtiroler Produkte setzen.“ Dieser Wandel gehe nicht von heute auf morgen. „In 10 Jahren werden wir in Südtirol eine andere Gastronomie und eine andere Esskultur haben als heute“, prophezeite Rinner.
„Mehraufwand ist gering“
Dass das Gesetz gebraucht wird, zeigt sich u. a. in einigen Skihütten, berichtete Manfred Vallazza. „Ich frage mich, wie sinnvoll und nachhaltig es ist, wenn auf Skihütten auf 2000 Metern Fisch und Meeresfrüchte anstatt einheimischer Lebensmittel und Speisen auf die Menükarte kommen?“ Und das Argument der Kritiker, das neue Gesetz zur verpflichtenden Herkunftsbezeichnung führe zu mehr Bürokratie, lässt Vallazza nicht gelten. „Der Mehraufwand ist sehr gering. Ein gut sichtbarer Hinweis auf die Herkunft von Fleisch, Eiern und Milchprodukten reicht aus.“Mit dem Gesetz zur Herkunftskennzeichnung gehe es nicht darum, dass alle Produkte aus Südtirol kommen müssen, sondern um Transparenz und Wahlfreiheit, unterstrich Rinner. „Der Gast soll wählen können, ob er ein einheimisches Produkt auf seinem Teller will oder ob ihm die Herkunft nicht so wichtig ist.“
Vallazza hofft, dass das neue Gesetz für mehr Absatz bei heimischen Produkten – auch bei solchen, die nicht gekennzeichnet werden müssen – und dadurch für mehr Wertschöpfung sorgen wird. Zugleich sollte die Wertschätzung für bäuerliche Produkte steigen.
Ganz zufrieden gibt sich Vallazza mit dem neuen Gesetz trotzdem noch nicht. „Das Gesetz muss sicherlich noch weiterentwickelt werden. Ich kann mir auch eine Herkunftskennzeichnung für Obst und Gemüse vorstellen“, hofft Vallazza. Mit der Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auf weitere Produkte wäre auch Florian Patauner einverstanden. „Es muss unser gemeinsames Anliegen sein, ein Bewusstsein für regionale und qualitativ hochwertige Produkte zu schaffen – bei den Gastronomen, aber auch bei denen, die ins Gasthaus zum Essen kommen.“