Auch der SVP-Obmann sah keinen Grund zurückzutreten, obwohl er die Hälfte an Wählerstimmen im Vergleich zur Wahl 2018 verlor. In jedem anderen Land würden die Spitzenleute einer Partei wohl ihren Hut nehmen, wenn sie so eine Schlappe einfahren. In Südtirol passiert so etwas natürlich nicht.
Und dann ging es mit den Koalitionsverhandlungen los: Bald war klar, dass die SVP eine Koalition mit Fratelli d’Italia und der Lega eingehen wird. Um eine Mehrheit zu haben, holte man noch die Freiheitlichen mit ins Boot. Und Angelo Gennaccaro - damit man auch einen Mann der Mitte hat und der Landeshauptmann seine Kritiker zumindest ein wenig besänftigen konnte.
Doch ob eine Regierung aus 11 Landesräten oder doch nur aus 8 – darüber entbrannte eine wochenlange Diskussion. Einem Gutachten des landeseigenen Rechtsamtes traute man offenbar nicht über dem Weg, sodass man die Staatsadvokatur entscheiden ließ.
Schlussendlich wurden es dann doch 11 Landesräte. Doch dann: Eine der „papabili“ – Waltraud Deeg – gab dem Landeshauptmann im letzten Moment einen Korb, da dieser ihr das gewünschte Ressort verwehrt und Bereiche gegeben hat, die für Deeg keinen Sinn machten. „Ich kann sie gut verstehen“, sagte dazu der ASGB-Chef Tony Tschenett im STOL-Podcast (Hier können Sie den den Podcast anhören). „So macht ein Ressort keinen Sinn“, so der Gewerkschafter.
Doch wer dachte, nun sei es vorbei mit den Pleiten, Pech und Pannen, der hat sich geirrt: Nachdem die Landesregierung schlussendlich doch gewählt wurde, stolperte man am Donnerstag fast über die Wahl des Landtags-Präsidenten: Arnold Schuler wurde erst im 3. Wahlgang gewählt – und da auch nur mit Stimmengleichheit. Dazwischen waren die SVP-Mandatare sogar angehalten, zu zeigen, wen sie wählen – bei einer geheimen Wahl!
Wer sich fragt, warum die Bürger so politikverdrossen sind, der braucht nur nach Südtirol blicken. Da findet er Antworten. Südtirol ist ein Paradebeispiel für dieses Phänomen. Nun bleibt nur zu hoffen, dass die neue Landesregierung ihre Arbeit in den kommenden Jahren ernster nimmt und sich endlich für die Bürger dieses Landes einsetzt. Und sich nicht nur um die Posten in den eigenen Reihen kümmert.
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