„Und der Leichnam Alexejs befinde sich nicht bei ihnen im Leichenschauhaus.“ Ein Mitarbeiter des Straflagers jenseits des Polarkreises habe zuvor mitgeteilt, dass sich Nawalnys Leichnam in der Stadt Salechard zur Untersuchung befinde, teilte Jarmysch mit. Demnach konnte die Mutter die Leiche zunächst nicht identifizieren. Jarmysch forderte, dass der Leichnam den Angehörigen unverzüglich übergeben werden müsse. Laut der Sprecherin wurde Freitag 14.17 Uhr als Todeszeitpunkt angegeben.
London beschuldigt russische Behörden
Die britische Regierung zitierte indes diplomatisches Personal der russischen Botschaft ins Außenministerium. Damit wolle London deutlich machen, dass es „die russischen Behörden uneingeschränkt verantwortlich“ für Nawalnys Tod mache, erklärte das britische Außenministerium am Freitag. Nawalnys Tod in einer Strafkolonie in der russischen Polarregion müsse „vollständig und transparent untersucht“ werden.Aus dem Außenministerium hieß es weiter, in den vergangenen Jahren hätten die russischen Behörden Nawalny „aufgrund falscher Anschuldigungen inhaftiert, ihn mit einem verbotenen Nervenkampfstoff vergiftet und in eine arktische Strafkolonie geschickt“. Niemand solle „an der Brutalität des russischen Systems zweifeln“. Bereits zuvor hatte der britische Außenminister David Cameron gesagt, der russische Präsident Wladimir Putin solle „zur Rechenschaft gezogen werden für das, was geschehen ist“.
Zahlreiche Demonstrationen
In zahlreichen europäischen Städten demonstrierten Menschen vor den jeweiligen russischen Botschaften und nannten Kreml-Chef Wladimir Putin einen Mörder. Trotz Festnahmen und Drucks der Behörden hielten auch in Russland die öffentlichen Beileidsbekundungen für Nawalny an.In Moskau und anderen Städten räumten Männer in Zivil oder Mitarbeiter der Stadtreinigung spontan errichtete Erinnerungsstätten für den 47-Jährigen, der in Haft in der Polarregion unter ungeklärten Umständen starb. Sie packten Blumen in Müllsäcke, sammelten Kerzen und Bilder ein. Medien in vielen Teilen Russlands berichteten am Samstag, dass trotzdem weiter frische Blumen niedergelegt, Kerzen angezündet und Bilder zur Erinnerung an Nawalny aufgestellt wurden.
Mehr als 200 Festnahmen
Nach Informationen von Menschenrechtlern gab es landesweit bereits mehr als 212 Festnahmen. Das Internetportal ovd.info berichtete am Samstagvormittag, dass allein in St. Petersburg 109 Menschen festgenommen worden seien, in Moskau 39. Insgesamt habe es in 21 Städten Festnahmen gegeben. Die Bürgerrechtler gaben auch juristische Hinweise für das Niederlegen von Blumen und veröffentlichten die Nummer einer Telefon-Hotline für anwaltliche Hilfe. Viele Russen hatten nach dem Tod Nawalnys öffentlich ihre Wut geäußert.„Wie groß doch selbst die Angst des Machtapparates vor einem Toten ist, wenn sogar das Ablegen von Blumen zu seinem Andenken als Verbrechen angesehen wird“, schrieb der russische Friedensnobelpreisträger und Gründer der kremlkritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“, Dmitri Muratow, am Samstag im Nachrichtenkanal Telegram.