Auf der Hauptversammlung sollten die Aktionäre in einem ersten Schritt zunächst darüber entscheiden, ob eine Aufspaltung geprüft werden soll. Hätte es dafür grünes Licht gegeben, sollte erst im kommenden Jahr über die tatsächliche Trennung der Geschäfte in zwei börsennotierte Unternehmen abgestimmt werden.
MFE will Fokus wieder stärker auf TV legen
MFE ist ein italienischer TV-Konzern, der von der Familie des verstorbenen Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi kontrolliert wird. Der Konzern, dessen ProSiebenSat.1-Anteile sich bislang unter der 30-Prozent-Schwelle bewegen, will das TV-Kerngeschäft von anderen Firmenteilen wie Internet-Handel trennen. So soll der Fokus wieder stärker auf TV gelegt werden. Damit wird auch die Hoffnung verbunden, dass die ProSiebenSat.1-Aktie wieder steigt. MFE ist größter Aktionär. In der Vergangenheit wurde immer wieder darüber spekuliert, wie stark MFE Einfluss auf ProSiebenSat.1 nehmen will.Die Aufspaltungsidee aus Mailand hatte das Management überrascht. Seither stemmten sich Aufsichtsrat und Vorstand dagegen. Auch der Betriebsrat hatte sich öffentlich geäußert. Bemerkenswert war, dass der Streit zum Teil auf offener Bühne ausgetragen wurde. Schon in den vergangenen Jahren galt die Beziehung zwischen Mailand und Unterföhring als eher kühl. Mit dem neuen ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets schien sich der Dialog augenscheinlich verbessert zu haben. Der MFE-Vorstoß brachte neue Unruhe.
Berlusconi-Unternehmen gewinnt im Aufsichtsrat weiter an Einfluss
MFE hat unter dem Strich seinen Einfluss im Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 deutlich ausgebaut. Sowohl die Mailänder als auch die internationale Investmentfirma PPF Group, die ebenfalls einen größeren Anteil an ProSiebenSat.1 hält, setzten jeweils ihre Personalvorschläge für die Besetzung des Aufsichtsrats durch – obwohl das Management dagegen war.Der Medienkonzern musste zudem eine weitere Schlappe hinnehmen: MFE stimmte laut ProSiebenSat.1-Aufsichtsratschef Andreas Wiele gegen einen Antrag des Konzerns zu einer internen Reorganisation rund um den Unterhaltungsbereich und die Streaming-Plattform Joyn. Der Beschlussvorschlag wurde von den Aktionären abgelehnt. Wiele sagte, mit der Reorganisation hätte man Verlustvorträge steuerlich geltend machen können. Die Ablehnung habe zur Folge, dass eine mögliche Steuerersparnis in dreistelliger Millionenhöhe verwehrt werde. Wiele sprach auch von Verlusten in Millionenhöhe im Hinblick auf entgehende Zinserträge.
Gutscheingeschäft: Untersuchungen bei ProSiebenSat.1 Tochterfirma Jochen Schweizer mydays
ProSiebenSat.1 beschäftigt noch ein älteres Problem zu dem Gutschein-Geschäft des Tochterunternehmens Jochen Schweizer mydays. Zwei Ex-Vorstandsmitglieder von ProSiebenSat.1 sollen in Verbindung mit Unstimmigkeiten beim Gutscheingeschäft ihre Pflichten verletzt und dadurch Schäden verursacht haben, wie der Aufsichtsrat mitteilte. Namen wurden nicht genannt. Ob Schadenersatzansprüche gegen die Personen erhoben werden, werde derzeit noch geprüft, sagte Aufsichtsratsmitglied Rolf Nonnenmacher.Im Februar 2023 hatte das Kontrollgremium nach eigenen Angaben
erstmals von Verstößen bei dem Tochter-Gutscheingeschäft Jochen
Schweizer mydays erfahren. Nonnenmacher sagte über den Komplex:
„Hier wurde vertuscht.“ Es ging um regulatorische Fragen. Das
Gutscheingeschäft ist ein eher kleinerer Bereich bei ProSiebenSat.1
und bietet unter anderem Geschenkgutscheine für Reisen,
Outdoor-Erlebnisse oder Restaurants an.