Eva: Gala Biss zum Morgenduft – ein Kabarett mit Biss“ heißt es in der Jubiläumsausgabe. Das ist die Kühne Ü Bühne seit Anbeginn, woran beißt sie sich diesmal fest, abgesehen von Gala und Morgenduft?
Alex: Ein klein wenig erinnert die Kühne Ü Bühne mal wieder an einen kleinen lästigen Terrier, der sich genüsslich in der Hose von Passanten festbeißt. Genau über solche nichts ahnenden Passanten, um im Bild zu bleiben, fällt das dreiste KÜB-Ensemble her: Dorfbekanntheiten, Politgrößen, Lokalpromis. Grundsätzlich kann man das Jubiläumsstück als schräge Mischung aus grotesken Nummern, Gesellschaftskritik und Pointen-Martinischießen mit starkem musikalischen Support zusammenfassen.
Eva: Mit Biss seid ihr dran geblieben an all den Speranzln, die uns Sterblichen im Kopf herumschwirren. Was hat euch in den vergangen 30 Jahren am meisten bewegt?
Alex: Die vergangenen 30 Jahre waren eine Art wildromantisches Roadmovie. Dabei wurden wir stets von Schaffenslust, kreativer Energie und Experimentierfreude getragen. In den jeweiligen Programmen haben wir uns gerne aktuelle Themen und lokale Absurditäten vorgeknöpft und diese in möglichst originelle Sketche verpackt. Im kühnen Gemüsebeet wurden somit viele Persönlichkeiten und Vorkommnisse angepflanzt bzw. gepflanzt: Donald Trump, Silvio Berlusconi, der Landesluis, immer wieder die Bürgermeister von Eppan und Kaltern, die unsägliche Geschichte der Überetscher Bahn oder der Stolz der Kalterer über ihren See, aber genauso kritische Betrachtungen über Unverträglichkeiten, Tourismusauswüchse, schöne neue Zukunftswelten oder die Tiroler Identität. Im Grunde hat uns so gut wie alles bewegt in den vergangenen 30 Jahren.
Eva: Sag mal, seid ihr eine demokratische Truppe? Wie kommt es eigentlich zur Themenfindung? Sprudeln alle drauflos, oder gibst du den Ton an?
Alex: Als autoritär oder diktatorisch empfinde ich unsere Herangehensweise nicht, wobei auch die Basisdemokratie bzw. Soziokratie mitunter an ihre Grenzen stößt. Es ist letztlich ein Gemeinschaftswerk, in das sich jeder mit seinen Talenten einbringt.
Da beginnt zumeist alles mit der Suche nach einer neuen Location. Ist diese endlich klargemacht, ergeben sich von selbst die Schwerpunkte. Aber das Ding mit dem roten Faden hat sich letzthin als recht tricky erwiesen, ein einheitliches und stimmiges Konzept mit allem Drum und Dran (Überleitungen, Grafik, Titel, Schauplatz etc.) ist gar nicht so einfach hinzukriegen. Was die einzelnen Ideen und Sketche betrifft, so schreibe ich üblicherweise zunächst einige Dialoge bzw. Nummern, bespreche das mit der Regisseurin, ehe das gierige Geschwader der kreativen KÜB-Köpfe darüber herfällt. Gerade in der Probenphase kommen noch viele Ideen neu dazu, die Schauspieler liefern reichlich Inputs, die Musiker sowieso und letztlich ist die Regie gefordert, dieses gesammelte Potpourri zu sichten, zu ordnen und vor allem in aufführungstauglichen Stoff zu verwandeln.
Eva: Nur ein wagemutiger, kühner Mensch traut sich, eine Kabarettgruppe zu gründen, diese zusammenzuhalten und dann auch noch rechtzeitig auf die Bühne zu bringen. Wie ist dir das alles in den vergangen 30 Jahren gelungen?
Alex: Nun, das war so ja nie geplant, ist eigentlich alles aus einer Laune heraus entstanden und hat sich eben über die Jahre hinweg weiterentwickelt. Begonnen hat alles eher mit einer rebellischen Phase, nach und nach kamen Gleichgesinnte dazu, das Publikum begann den kuriosen thematischen Mix, die ausgefallenen Darbietungen und die Wahl immer neuer Schauplätze zu honorieren, und so wurde die Kühne Ü Bühne schließlich tatsächlich zu einem Begriff. Jede Produktion war auch immer ein bisschen Himmelfahrtskommando, denn schließlich hieß es immer wieder aufs Neue, sich ein vollständiges Veranstaltungskonzept aus den Fingern zu saugen – und das irgendwie umzusetzen.
Der Begriff „kühn“ wurde tatsächlich ein wenig zu unserem Kompass, denn wir haben in renovierungsbedürftigen Stadeln und dunklen Kellern genauso gespielt wie in einem Gartencenter, in alten Überetscher Ansitzen oder in einem Zirkuszelt. All das wäre freilich umsonst gewesen, wenn nicht so manches schauspielerische und musikalische Talent sich bei uns austoben hätte wollen. Es haben eben eine Reihe von Dingen zusammengespielt und so besteht diese kühne Truppe nach wie vor aus einem guten Dutzend überaus origineller Charaktere mit einem Hang für Ironie, Gags und Pointen und mit einem Gespür für das Machbare.
Eva: Und würdest du rückblickend noch einmal so kühn sein? Oder…
Alex: Puh, schwierige Frage. Manche gründen in jungen Jahren eine Band, andere engagieren sich bei Hilfsprojekten und wieder andere setzen alles auf eine Karte, um ihrem Traum vom Profisportler oder von einer Unikarriere nachzujagen. Vieles von dem, was man im Jugendalter anpackt, erweist sich oft als ziemlich verwegen und abenteuerlich – man weiß es ja nicht besser und macht eben weiter, bis man schließlich vom Erwachsenenleben auf den Boden geholt wird.
Eva: Du bist kühn, das weiß ich, doch etwas hast du in diesen 30 Jahren noch nie gewagt, die Tante aus Amerika in den ersten Sekunden eines Stückes sterben zu lassen. Jetzt will ich es wissen…
Alex: Aschpelemuggn, bis heute ist mir nie ganz klar, ob denn diese „Tante aus Amerika“-Sache denn wirklich ernst gemeint war. Ich meine, Eva Bernhard, die kultivierte, adrette und stets galante Lady bei unserer wilden Horde von Bühnentieren. Allerdings wäre Eva Bernhard auf unserer Bühne ganz gewiss ein Bühnenmagnet, keine Frage!
Eva: Danke Alex für das adrett... Zu 30 Jahren Kühne Ü Bühne braucht es 30 bissige Worte/Sätze, die euer kühnes Projekt charakterisieren….
Alex: Ach du meine Güte, für sowas braucht es die Mithilfe aller Beteiligten: chaotisch, Lieblingsmenschen, aufmüpfig, wortklauberisch, zügellos, verrückte Familie, augenzwinkernd, vielsaitig, passioniert, keksig, schweißtreibend, knochentrockene Kulturarbeit, kurzatmige Kichertiraden, crazy colors, morbus, hingebungsvoll, energiegeladen, pointiert, nervenaufreibend, durstig, übermüdet, poetisch, verzagt, ungefiltert, unverstanden, mittendrin, spontan, groovig, kratzbürstig und für alle Späße zu haben.
Premiere: 5.4.
Weitere Termine: 9., 10., 12., 13., 14., 18., 19. und 20. April mit Beginn jeweils um 20.30 Uhr
Ort: Hauptsitz der Firma Hell Profitechnik in St. Micha- el Eppan, Handwerkerzone, Bozner Straße 4
Tickets: Vorzugsweise online unter www.kuebtheater.com
Telefonische Reservierungen: 376 125 1565 nur zwischen 17 bis 19 Uhr (kein whatsapp, kein SMS).